Der Ehevertrag: Gestaltungsspielraum und Planungssicherheit

Vielen Paaren fällt es schwer, beim Start ins gemeinsame Leben über rechtliche und finanzielle Absicherungen nachzudenken. Tatsächlich verzichten die meisten verheirateten Paare in der Schweiz auf einen Ehevertrag und verbleiben im «normalen» Güterstand der Errungenschaftsbeteiligung. Im Alltag merkt man davon zunächst nichts. Umso grösser kann aber der Schreck sein, wenn die Ehe unerwartet durch Scheidung oder Todesfall endet. Dann wünschen sich viele rückblickend, sie hätten frühzeitig vorgesorgt und klare Vereinbarungen getroffen. Ohne Ehevertrag greifen automatisch die gesetzlichen Vorgaben, die nicht immer den individuellen Wünschen entsprechen. Es drohen im Ernstfall komplizierte Auseinandersetzungen, finanzielle Nachteile und vermeidbarer Streit.

Rechtlicher Hintergrund: Die drei Güterstände in der Schweiz

In der Schweiz gibt es drei gesetzlich definierte Güterstände:

Errungenschaftsbeteiligung

Ohne besondere Vereinbarung gilt für alle Ehepaare automatisch die Errungenschaftsbeteiligung als ordentlicher Güterstand. Die Errungenschaftsbeteiligung teilt das eheliche Vermögen jedes Partners in zwei Kategorien auf: das Eigengut und die Errungenschaft. Zum Eigengut gehören alle Vermögenswerte, die ein Ehegatte bereits vor der Heirat besass, sowie Schenkungen oder Erbschaften, die er während der Ehe erhält. Auch persönliche Gegenstände (z. B. Kleidung, Schmuck) zählen zum Eigengut. Die Errungenschaft umfasst hingegen das während der Ehe gemeinsam erwirtschaftete Vermögen, etwa Einkommen, Ersparnisse, Zinsen oder Vorsorgeguthaben. Jeder Ehepartner verwaltet sein Vermögen grundsätzlich selbst und haftet auch nur für die eigenen Schulden.

Bei einer Scheidung werden im Güterstand der Errungenschaftsbeteiligung die während der Ehe erworbenen Errungenschaften hälftig zwischen den Ehegatten aufgeteilt; das jeweilige Eigengut bleibt unangetastet. Im Todesfall erfolgt zuerst die güterrechtliche Aufteilung: Der überlebende Partner erhält die Hälfte der Errungenschaft, während die andere Hälfte der Errungenschaft zusammen mit dem Eigengut des Verstorbenen in den Nachlass fällt. An diesem Nachlass sind dann, dem gesetzlichen Standardmodell folgend, der hinterbliebene Partner und die Kinder als Erben beteiligt, jeweils zu gleichen Teilen. Die gesetzliche Regelung führt häufig dazu, dass z. B. ein grosser Teil des gemeinsam Ersparten oder sogar das Eigenheim nicht vollständig dem überlebenden Partner zufällt, sondern anteilig an die Kinder geht. Ohne weitere Vorkehrungen kann das im Erbfall bedeuten, dass eine Immobilie verkauft oder mit einer Hypothek belastet werden muss, um die Ansprüche der Nachkommen auszuzahlen.

Die Gütergemeinschaft

Bei der Gütergemeinschaft werden Vermögen und Einkommen beider Partner grundsätzlich zu einem gemeinsamen Gesamtgut zusammengeschlossen. Jedem Ehegatten verbleiben nur noch seine persönlichen Gebrauchsgegenstände als Eigengut; alles Übrige namentlich in die Ehe eingebrachte Vermögenswerte oder während der Ehe geerbtes Vermögen – wird Teil des Gesamtgutes. Beide Ehepartner verwalten dieses Gesamtgut gemeinsam, haften aber auch beide für dessen Schulden. Wird die Gütergemeinschaft aufgelöst (durch Scheidung oder Tod), erhält jeder Ehepartner die Hälfte des Gesamtguts.

Aufgrund der vollständigen Vermögensvermischung birgt die Gütergemeinschaft gewisse Risiken: Insbesondere Selbständigerwerbende oder Unternehmer vermeiden sie oft, da bei geschäftlichen Schulden auch das gesamte gemeinsame Vermögen haften würde. Allerdings kann ein Ehevertrag die Gütergemeinschaft flexibel ausgestalten – etwa als beschränkte Gütergemeinschaft, bei der bestimmte Vermögenswerte vom Gesamtgut ausgenommen werden. So lässt sich zum Beispiel vereinbaren, dass ein vom Ehegatten geführtes Unternehmen oder ein geerbtes Familienhaus Eigengut bleibt und nicht ins gemeinsame Vermögen fliesst.

Die Gütertrennung

Der dritte Güterstand, die Gütertrennung, trennt die Vermögensmassen der Ehepartner vollständig. Jede Partei behält ihr eigenes Vermögen und trägt ihre eigenen Schulden – es gibt kein gemeinsames eheliches Vermögen. Im Falle einer Scheidung findet folglich keine güterrechtliche Ausgleichszahlung statt; jeder nimmt sein eigenes Vermögen mit. Stirbt ein Ehepartner unter Gütertrennung, gehört sein gesamtes Vermögen zum Nachlass. Es findet keine güterrechtliche Auseinandersetzung statt. Die Gütertrennung kann sich insbesondere dann lohnen, wenn eine Überschuldung droht oder ein Vermögenswert gezielt geschützt werden soll. Sowohl Gütertrennung als auch Gütergemeinschaft können ausschliesslich durch einen Ehevertrag begründet werden.

Wann ein Ehevertrag sinnvoll ist – typische Anlässe und Lebenssituationen

Ob ein Ehevertrag im Einzelfall nötig ist, hängt von der individuellen Lebenssituation ab. Viele Paare kommen mit dem gesetzlichen Standardmodell der Errungenschaftsbeteiligung gut zurecht. Es gibt jedoch gewisse Situationen, in denen ein massgeschneiderter Ehevertrag klare Vorteile bietet: Besonders deutlich wird dies, wenn ungleiche finanzielle Verhältnisse oder spezielle Risiken in die Ehe eingebracht werden.

Grosse Vermögensunterschiede

Bringt ein Partner deutlich mehr Vermögen in die Ehe ein, kann ein Ehevertrag beiden Seiten nutzen. Wechselt man zur Gütergemeinschaft, erhält der wirtschaftlich schwächere Partner im Scheidungs- oder Todesfall die Hälfte des gemeinsamen Vermögens und ist so besser abgesichert. Umgekehrt kann der wohlhabendere Partner sein Vorehevermögen schützen, indem Teile davon als Eigengut deklariert bleiben. Der Ehevertrag schafft damit ein Gleichgewicht zwischen Absicherung und Selbstbestimmung.

Selbständigkeit und Unternehmensgründung

Ist einer der Ehepartner Unternehmer oder plant, ein Geschäft aufzubauen, lohnt sich der Blick auf den Güterstand in besonderem Masse. Ohne spezielle Vereinbarung zählt ein während der Ehe gegründetes Unternehmen zum Errungenschaftsvermögen. Der Wert des Unternehmens würde im Scheidungsfall also hälftig mit dem Ehepartner geteilt. Für den Firmeninhaber kann das bedeuten, dass er seinen Partner auszahlen muss, was unter Umständen die finanzielle Substanz des Unternehmens gefährdet. Ein Ehevertrag kann hier vorsorgen: Beispielsweise könnte man Gütertrennung vereinbaren oder das Unternehmen explizit als Eigengut definieren, um die «Früchte der eigenen Arbeit» im Falle einer Scheidung nicht aufteilen zu müssen. Damit bleibt das Lebenswerk des Unternehmers unangetastet, während der andere Partner durch andere vertragliche Regelungen (etwa eine begünstigende Erbregelung oder Unterhaltsabsprachen) dennoch fair behandelt werden kann.

Patchwork-Familien

In Familien mit Kindern aus früheren Beziehungen, sogenannten Patchwork-Familien, treten bei Scheidung oder Tod oft komplexe erbrechtliche Fragen auf. Der gesetzliche Güterstand berücksichtigt kaum die speziellen Bedürfnisse solcher Konstellationen. Hier kann ein Ehevertrag in Verbindung mit einer massgeschneiderten Nachlassplanung besonders sinnvoll sein. Zum Beispiel lässt sich sicherstellen, dass im Todesfall der gesamte gemeinsam erwirtschaftete Anteil dem überlebenden Ehegatten zufällt, während die Kinder aus erster Ehe hauptsächlich am übrigen Vermögen beteiligt werden. Ohne vertragliche Regelung würde der überlebende Stiefelternteil gesetzlich oft weniger erhalten, während die Kinder (auch minderjährige) automatisch miterben – was zu Konflikten führen kann. Fachleute betonen, dass bei Patchwork-Familien eine vorausschauende Planung unverzichtbar ist.

Ein Ehevertrag erhöht die Handlungsspielräume: Er kann die vermögensrechtliche Situation so strukturieren, dass sowohl der neue Partner abgesichert ist als auch die Kinder aus früherer Partnerschaft nicht zu kurz kommen. Häufig wird eine Vorschlagszuweisung vereinbart, um den hinterbliebenen Ehepartner maximal zu begünstigen. In jedem Fall sollte ein Ehevertrag in Patchwork-Situationen mit einem passenden Erbvertrag oder Testament kombiniert werden, damit alle Beteiligten im Ernstfall gemäss den gemeinsamen Wünschen versorgt sind.

Was in einem Ehevertrag geregelt werden kann

Ein Ehevertrag ermöglicht es Paaren, ihre Vermögensverhältnisse individuell zu gestalten. Neben dem Wechsel von der Errungenschaftsbeteiligung zur Gütertrennung oder Gütergemeinschaft können auch Anpassungen innerhalb des ordentlichen Güterstands vereinbart werden. Häufig wird eine modifizierte Errungenschaftsbeteiligung gewählt, bei der bestimmte Werte oder Erträge, etwa Einkommen aus Anlagen, Dividenden oder eine während der Ehe aufgebaute Firma, als Eigengut gelten. So bleiben sie im Scheidungsfall beim betreffenden Ehegatten. Besonders für Unternehmer oder Personen mit grossem Vermögen ist dies vorteilhaft. Zudem kann ein Ehevertrag Begünstigungen für den Todesfall vorsehen, die über das gesetzliche Mass hinausgehen.

Vorschlagszuweisung

Eine der wichtigsten Gestaltungsmöglichkeiten ist dabei die bereits erwähnte Vorschlagszuweisung. Vorschlag nennt man jenen Teil des Vermögens, der bei Auflösung der Errungenschaftsbeteiligung hälftig zu teilen ist (die während der Ehe entstandene Errungenschaft). Ohne anderslautende Vereinbarung erhält jeder Gatte daraus die Hälfte. Per Ehevertrag kann jedoch vereinbart werden, dass im Todesfall der gesamte Vorschlag dem überlebenden Ehegatten zufallen soll. In diesem Fall bestünde die Erbmasse der verstorbenen Person nur noch aus dessen Eigengut, während das gesamte gemeinsam Ersparte beim überlebenden Partner verbleibt. Diese Regelung sorgt dafür, dass der hinterbliebene Ehepartner finanziell besser abgesichert ist und etwa ein gemeinsames Eigenheim vollständig behalten kann, ohne die Hälfte des während der Ehe aufgebauten Vermögens an die Nachkommen abgeben zu müssen.

Allerdings sind dabei die Schranken des Pflichtteilsrechts zu beachten: Solange nur gemeinsame Kinder existieren, lässt das Gesetz eine solche Begünstigung zu, die gemeinsamen Nachkommen müssen eine reduzierte Erbquote hinnehmen. Sind jedoch nicht gemeinsame Kinder vorhanden, dürfen deren Pflichtteile durch güterrechtliche Tricks nicht geschmälert werden. In solchen Konstellationen benötigt man beispielsweise ergänzende erbrechtliche Vereinbarungen (z. B. einen Erbvertrag mit den Kindern), um sowohl den Ehepartner zu begünstigen als auch die Ansprüche der Kinder zu wahren.

Zuordnung von konkreten Vermögenswerten

Neben der Vorschlagszuweisung erlaubt ein Ehevertrag auch die konkrete Verteilung einzelner Vermögenswerte. Beispielsweise kann man vereinbaren, dass ein bestimmtes Grundstück oder das Familienunternehmen nicht Teil des Gesamtguts wird, sondern dem ursprünglichen Eigentümer als Eigengut erhalten bleibt. Umgekehrt können Paare auch beschliessen, bewusst mehr Vermögen zu gemeinschaftlichem Eigentum zu machen, etwa, um im Scheidungsfall eine ausgeglichenere Teilung zu erreichen. Insgesamt bietet der Ehevertrag also grossen Spielraum, um die Vermögensverhältnisse an die persönlichen Vorstellungen anzupassen.

Es gibt jedoch auch Bereiche, die nicht im Ehevertrag geregelt werden können. Dazu gehören namentlich Fragen, die den Unterhalt oder das Sorgerecht regeln, aber auch der Vorsorgeausgleich oder Regelungen, die gegen geltendes Recht verstossen oder sittenwidrig sind.

Praxisbeispiel: Vermögensaufteilung mit und ohne Ehevertrag

Um die Auswirkungen eines Ehevertrags greifbarer zu machen, betrachten wir ein vereinfachtes Beispiel – einmal ohne vertragliche Regelungen und einmal mit Ehevertrag. Nehmen wir an, Anna und Ben sind seit vielen Jahren verheiratet, haben zwei gemeinsame erwachsene Kinder und ein Eigenheim, das sie während der Ehe mit während der Ehe angespartem Vermögen zusammen gekauft haben. Anna arbeitet in einem Teilzeitpensum, Ben führt ein eigenes kleines Unternehmen. Leider verstirbt Ben unerwartet.

Ohne Ehevertrag (Errungenschaftsbeteiligung)

In diesem Fall greift automatisch das Gesetz. Zunächst wird der Güterstand aufgelöst: Anna erhält als überlebende Ehefrau die Hälfte der während der Ehe gemeinsam erworbenen Errungenschaft, Ben’s restlicher Anteil daran (die andere Hälfte) fällt zusammen mit Ben’s Eigengut in seinen Nachlass. Danach wird der Nachlass erbrechtlich aufgeteilt: Da zwei Kinder vorhanden sind, stehen Anna 50 % des Nachlassvermögens zu und den Kindern gemeinsam die restlichen 50 %. Konkret bedeutet dies, dass Anna am Ende dreiviertel des gemeinsamen Hausrats und Vermögens erhält, die Kinder zusammen ein Viertel. Im Hinblick auf das Eigenheim resultiert daraus eine komplexe Situation: Anna gehören nun zwar 75 % des Hauses, doch 25 % gehören den Kindern. Falls Anna im Haus wohnen bleiben möchte, muss sie theoretisch die Kinder ausbezahlen. In vielen Fällen bleibt dem überlebenden Ehepartner ohne Ehevertrag nichts anderes übrig, als Immobilien zu verkaufen oder mit Hypotheken zu belasten, um die Erbansprüche der Kinder in Geld auszuzahlen. Auch Bens Firma gehört zum Nachlass. Anna erbt davon zwar einen Teil, doch als Laie kann sie die Firma nicht weiterführen; eine aufwendige Aufteilung oder ein Verkauf des Unternehmensanteils an Dritte steht an. All dies geschieht in einer ohnehin schwierigen Trauerphase und birgt Konfliktstoff für die Familie.

Mit Ehevertrag

Angenommen, Anna und Ben hätten rechtzeitig einen Ehevertrag abgeschlossen, um genau solche Folgen abzumildern. Sie hätten etwa vereinbaren können, dass im Todesfall der gesamte Vorschlag – also das während der Ehe gemeinsam aufgebaute Vermögen – an den überlebenden Partner geht (Vorschlagszuweisung). In unserem Beispiel bliebe damit das Haus zu 100 % bei Anna. Für die Kinder fiele nur Bens Eigengut in den Nachlass, an dem sie ihre gesetzlichen Erbansprüche geltend machen können. Da Bens Eigengut (z. B. persönliche Ersparnisse oder Vorehevermögen) im Vergleich zum Wert des Hauses eher gering ist, gehen die Kinder nicht leer aus, erhalten aber einen deutlich kleineren Anteil als ohne Vertrag. Anna kann das vertraute Zuhause behalten, ohne jemanden ausbezahlen zu müssen, und ist finanziell abgesichert. Hinsichtlich der Firma hätte der Ehevertrag ausserdem Gütertrennung für Bens Geschäft vereinbaren können, so bliebe das Unternehmen vollständig Annas Zugriff entzogen und könnte z. B. direkt an einen Geschäftspartner oder die beiden im Unternehmen tätigen Kinder übertragen oder verkauft werden, ohne in den güterrechtlichen Ausgleich mit einzufliessen.

Dadurch wird Anna eine langwierige Vermögensaufteilungen vor Gericht erspart und sie kann in Ruhe gemeinsam mit den Kindern über das Erbe entscheiden. Ben seinerseits hätte zu Lebzeiten gewusst, dass seine Familie finanziell bestmöglich abgesichert ist und sein Lebenswerk (Haus und Firma) in den richtigen Händen bleibt.

(Hinweis: Die genaue Höhe der Erbanteile und Pflichtteile kann je nach Konstellation variieren).

Errichtung eines Ehevertrags

Die Erstellung eines Ehevertrags ist in der Schweiz an Formvorschriften gebunden. Ein Ehevertrag muss zwingend öffentlich beurkundet werden. Beide Ehegatten müssen anwesend sein und dem Vertragsinhalt zustimmen, bevor sie ihre Unterschrift leisten. Ohne diese notarielle Beurkundung ist der Vertrag rechtlich ungültig. Die Gebühren für die Erstellung eines Ehevertrags sind kantonal geregelt, bewegen sich aber in aller Regel in einem überschaubaren Rahmen, insbesondere verglichen mit den potenziellen Kosten eines streitigen Scheidungsverfahrens.

Häufig stellt sich die Frage, wann der beste Zeitpunkt für einen Ehevertrag ist. Grundsätzlich kann ein Ehevertrag vor der Heirat oder jederzeit während bestehender Ehe abgeschlossen werden. Viele Paare entscheiden sich vor der Hochzeit dafür, um von Anfang an klare Verhältnisse zu schaffen. Es ist ratsam, das Thema frühzeitig anzugehen, da die Ausarbeitung eines fairen Vertrags Zeit und Gespräche erfordert. Aber auch wenn Sie bereits seit Jahren verheiratet sind, ist es nicht zu spät: Ein Ehevertrag kann jederzeit geschlossen werden. Übrigens können Eheverträge sogar rückwirkend auf den Zeitpunkt der Eheschliessung gelten, sofern dies vereinbart wird. Diese Rückwirkung hat jedoch Grenzen: Bereits begründete Rechte Dritter (z. B. Gläubiger) dürfen dadurch nicht beeinträchtigt werden.

Ein Ehevertrag ist kein endgültiges, statisches Dokument. Es empfiehlt sich, ihn in Abständen von einigen Jahren zu überprüfen und bei Bedarf anzupassen, insbesondere wenn sich die Lebensumstände ändern (z. B. Geburt von Kindern, Start einer Selbständigkeit, Erwerb einer Liegenschaft, grössere Erbschaften). Auch rechtliche Änderungen wie die Revision des Erbrechts können Anlass sein, bestehende Verträge zu aktualisieren.

Häufige Irrtümer und Unsicherheiten rund um den Ehevertrag

«Wir lieben uns – wir brauchen das nicht!» – Einer der häufigsten Irrtümer ist die Annahme, ein Ehevertrag sei nur etwas für misstrauische oder unromantische Paare. Tatsächlich steht er jedoch für Weitsicht und Vorsorge, ähnlich wie eine Versicherung, die man hoffentlich nie braucht. Er schafft klare Regelungen für den Ernstfall, sorgt für finanzielle Absicherung beider Partner und fördert durch das offene Gespräch über Geld sogar langfristig Vertrauen.

«Ein Ehevertrag ist nur im Scheidungsfall wichtig.» In der Schweiz dient der Ehevertrag vor allem der Regelung im Todesfall. Ohne ihn gilt die gesetzliche Errungenschaftsbeteiligung mit entsprechenden Folgen für die Nachlassaufteilung. Ein Ehevertrag kann dem überlebenden Partner erhebliche Vorteile verschaffen und seine finanzielle Existenz sichern. Auch für den Scheidungsfall lassen sich Streitpunkte entschärfen, etwa durch die Wahl der Gütertrennung. Aspekte wie Unterhalt oder Pensionskassenausgleich bleiben jedoch richterlich zu prüfen. Der Hauptnutzen liegt somit in der erbrechtlichen Vorsorge. Ein Ehevertrag ist daher nicht nur ein Scheidungsinstrument, sondern ein Gestaltungsinstrument für die gesamte Ehe und die Zeit danach.

«Eheverträge braucht nur, wer reich ist.» Falsch. Gerade mittlere Vermögen wie eine gemeinsam finanzierte Wohnung, ein kleiner Betrieb oder Pensionsersparnisse können ohne Ehevertrag zur Belastungsprobe werden. Die Scheidungsrate liegt in der Schweiz bei rund 40 %, und auch ein Todesfall kann jede Familie treffen. Beispiel: Das Ehepaar Müller besitzt ein abbezahltes Einfamilienhaus. Ohne Ehevertrag haben die Kinder Anspruch auf ihren Pflichtteil, was den Witwer finanziell stark belasten kann. Mit Vertrag liesse sich vereinbaren, dass das Haus vollständig beim überlebenden Partner bleibt und die Kinder anderweitig abgefunden werden. Ein Ehevertrag bietet damit auch Normalverdienern Planungssicherheit und ist kein Luxusgut für Reiche, sondern ein praktisches Werkzeug für alle.

«Ein Ehevertrag benachteiligt immer einen von uns.» Viele fürchten, bei einem Ehevertrag benachteiligt zu werden. Dabei lässt er sich fair und zum beiderseitigen Nutzen gestalten. Ziel ist individuelle Gerechtigkeit: Gemeinsames soll gerecht verteilt werden, Eigenes geschützt bleiben. Beide Partner müssen zustimmen, und der Notar achtet auf Ausgewogenheit. Unklare oder belastende Sonderklauseln sollte man vermeiden und sich auf das Wesentliche konzentrieren. So schafft der Ehevertrag klare Verhältnisse, verhindert Streit und gibt beiden finanzielle Sicherheit.

Frühzeitig planen bringt Sicherheit

Ein Ehevertrag mag im ersten Moment nach trockenem Juristenpapier klingen, doch er ist in Wirklichkeit ein wertvolles Instrument der Lebensplanung. Indem Sie Ihren Güterstand bewusst gestalten, behalten Sie die Kontrolle über Ihre Vermögensaufteilung und schützen Ihre Familie vor unerwarteten Härten. Ob jung verheiratet oder im fortgeschrittenen Lebensalter, ob Vermögensaufbau oder Patchworkfamilie, die massgeschneiderte Vereinbarung schafft Klarheit, wo das Gesetz nur Standardlösungen bietet. So können Sie sich auf das Wesentliche konzentrieren: ein harmonisches Miteinander, ohne im Hinterkopf finanzielle Unsicherheiten mitzutragen.

In der Praxis wird der Ehevertrag zudem oftmals mit einem Erbvertrag oder Testament kombiniert, um sowohl güterrechtlich als auch erbrechtlich optimale Lösungen zu erzielen.

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