Wohneigentum im Alter, verkaufen oder behalten?

Der meistgenannte Grund, weshalb man im grossen Einfamilienhaus bleibt – die Mietwohnung wäre teurer! Ob dieses Vorurteil unter Betrachtung der Gesamtsituation tatsächlich stimmt, welche Vor- und Nachteile die beiden Varianten haben und was es sonst noch zu beachten gilt, erfahren Sie im aktuellen Kompass inklusive Praxisbeispiel.

Praxisbeispiel
5.5 Zimmer Einfamilienhaus 150 m2, Baujahr 1996, teilsaniert, Einzelperson, 70-jährig
Verkauf und Umzug in 4.5 Zimmer Wohnung 106m2 gleiche Gemeinde, Agglomeration Basel

Kaufpreis im Jahr 1996 CHF 760’000.-
Wert/Verkaufspreis per 2024 CHF 1’200’000.-
Hypothek CHF 560’000.-
Grundstückgewinnsteuer CHF 100’000.-
Liquidität nach Verkauf CHF 540’000.-
* Richtwert per März 2024, Agglomeration BS / ** Steuerersparnisse für diese Sanierungen wurden nicht berücksichtigt

Betrachtet man nun den gesamtheitlichen Vergleich, stellt man fest, dass der Unterschied nicht besonders gross ist. Für jene, die in den Jahren 2019-2022 ihre Hypothek abgeschlossen oder verlängert haben, ist die Differenz noch etwas grösser, da man teilweise zu 1% oder weniger fixiert hat. Per März 2024 liegen die langfristigen Hypotheken wieder bei 2% oder 5 Jahre bei rund 1.8%. Auch können die Heiz- und Nebenkosten je nach System tiefer ausfallen als in unserem Beispiel.

Gehen wir nun aber einen Schritt weiter. Die neue gewonnene Liquidität bleibt im Normalfall nicht ruhend auf dem Sparkonto liegen, wo es an Kaufkraft verliert, sondern wird in verschiedene Töpfe aufgeteilt, damit man möglichst lange davon zehren und im besten Fall noch etwas an die Kinder vererben kann.

Beispiel

* grobes Beispiel und ist individuell zu gestallten. Der Verzehr ist bis Alter 96 gerechnet.

Der Topf 1 sollte keinen grösseren Schwankungen ausgesetzt werde, da man dieses Geld im Verlauf der nächsten Jahre brauchen wird. Im Topf 2 kann man eine vorsichtige Strategie unter Beimischung von Aktien verfolgen. Im dritten Topf, welchen man in unserem Beispiel also erst in rund 16 Jahren benötigt, kann man die Aktienquote erhöhen. Natürlich ist dies nur eine Variante einer möglichen Aufteilung. Auch hier gilt es, die individuellen Bedürfnisse und Gegebenheiten zu berücksichtigen.

In unseren Praxisbeispiel hat man nun neben der Rente zusätzlich einen Verzehr aus dem Kapital, mit welchen die geringe Mehrbelastung im Szenario der Mietwohnung sorglos gedeckt werden können.

Folgende Aspekte gilt es ebenfalls zu berücksichtigen:

Flexibilität in der Erbschaftsplanung
In vielen Fällen muss bei einer Übernahme der Immobilie durch einen Geschwisterteil die Hypothek aufgestockt werden, um den Ausgleich zu finanzieren. Oder eine Übernahme ist genau aus diesem Grund nicht möglich, da die kalkulatorische Tragbarkeit zu hoch ist. Da nun die Gelder flüssig sind, ist die Aufteilung in Bezug auf die Nachlassplanung tendenziell einfacher zu gestalten und unter den Erben aufzuteilen.

Keine grösseren Reserven für Sanierungen notwendig
Oftmals ist man nach der Pensionierung nicht im Stande, eine grössere Sanierung zu finanzieren, da das meiste Vermögen nicht liquide ist, sondern in der Liegenschaft festsitzt und die Bank aufgrund der Tragbarkeitsregel keine Erhöhung der Hypothek sprechen kann.

In der neuen Mietwohnung kommt der Vermieter für grössere Sanierungen auf und es fällt ein grosser Posten im Budget weg. Auch braucht man keine Sorge vor einer unvorhergesehenen oder grösseren Renovation zu haben.

Diversifikation
Vor dem Verkauf hatte man beinahe das gesamte Vermögen in der Immobilie und somit keine Diversifikation. Mit den liquiden Mittel kann man nun eine breite Diversifikation vornehmen, um zusätzlich für etwas mehr Sicherheit im Portfolio zu sorgen.

Lebensqualität
65 ist das neue 40ig! Im heutigen Rentenalter ist man im Stande, nochmals eine grössere Reise zu geniessen, seinen Hobbies nachzukommen oder mit den Enkelkindern etwas zu unternehmen. Das Wichtigste aber, man kann sich etwas gönnen, ohne ein schlechtes Gewissen zu haben.

Kehrseite der Medaille
Es gibt aber auch Nachteile welche zu erwähnen sind. Einer der einschneidendsten ist wohl die Tatsache, dass man nicht mehr selbst über die eigenen 4-Wände entscheiden darf. Man ist von einem Vermieter/in abhängig und muss erst um Erlaubnis bitten, wenn man sich ein Haustier anschaffen oder die Wände in seiner Wunschfarbe streichen möchte. Nebenbei ist es immer ein sehr emotionaler Entscheid, das Haus welches man über 30 Jahre gepflegt, eingerichtet und einen Grossteil des Lebens darin verbracht hat, loszulassen.

Eine weit verbreitete Variante, um die Immobilie in der Familie zu behalten oder noch etwas länger darin zu wohnen, ist daher die Nutzniessung oder das Wohnrecht.

Nutzniessung oder Wohnrecht
Eine Option mit Vorteilen sowohl für Eltern als auch für ihre Nachkommen besteht darin, das Eigenheim im Voraus zu übertragen und so lange wie möglich darin zu wohnen. Dieser Ansatz beinhaltet einen Vergleich der Unterschiede zwischen den Dienstbarkeiten der Nutzniessung und des Wohnrechts.

Unter hausinfo.ch finden sie die wichtigsten Vor- und Nachteile beider Varianten im Vergleich.

Abschliessend lässt sich sagen, dass es wie so üblich in der Finanzplanung, keine pauschale Lösung geben wird. Denn jede Familie hat unterschiedliche Bedürfnisse und Wünsche, was die Nachlassplanung betrifft, oder hat eine andere finanzielle Situation und das Haus bleibt die bessere Option. Es empfiehlt sich jedoch auf jeden Fall, alle Optionen früh genug zu prüfen und gemeinsam mit den Beteiligten zu besprechen, damit man eine Lösung ausarbeiten kann, welche für alle passend ist.

Befinden Sie sich in einer ähnlichen Situation oder kennen Bekannte, welche sich mit diesem Thema befassen? Gerne zeigen wir Ihnen bei einer persönlichen Beratung die individuellen Möglichkeiten auf und begleiten Sie bei der Umsetzung Ihres Plans.

Wie Ihnen Ihr Finanzplaner oder Ihre Finanzplanerin helfen kann
Ihr Finanzplaner/in ist in der Lage, Sie im Sinne einer ganzheitlichen Finanzplanung auf verschiedene Aspekte, unter anderem zum Thema Wohneigentum im Alter aufmerksam zu machen. Sie zeigen Ihnen aufgrund Ihrer persönlichen Gegebenheiten mögliche Risiken oder Chancen auf und unterstützen Sie dabei, sich optimal auf diese vorzubereiten.

Verpassen Sie künftig keine Neuigkeiten, Gesetzesänderungen oder andere hilfreiche Ratgeber zum Thema Finanzen und melden sich am besten direkt unter finberg.ch für den FINBERG Kompass an.

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