Immobilien im Nachlass: Ein Ratgeber für Immobilienbesitzer

Hat der Erblasser keine letztwillige Verfügung von Todes wegen (Testament / Erbvertrag) hinterlassen, regelt das Schweizer Erbrecht die gesetzliche Erbfolge. Welche Möglichkeiten gibt es, bereits zu Lebzeiten alles zu klären, um Streit zu vermeiden und wie können sich Ehegatten optimal begünstigen?

Die gesetzliche Erbfolge kann insbesondere dann, wenn Immobilien im Nachlass die grösste Position der Erbmasse sind, zu Streitigkeiten unter den Erben führen. In besonders schlimmen Fällen muss die Aufteilung der Erbschaft durch einen Richter vorgenommen werden. Diesfalls ist die Familiengemeinschaft meist langfristig gestört.

Als künftiger Erblasser können Sie wesentlich zur Verhinderung von Streitigkeiten beitragen, indem Sie das Thema Erbschaft zu Lebzeiten mit allen Beteiligten besprechen.

In den kommenden Abschnitten werden einzelne Fragen erläutert, die von grosser praktischer Relevant sind: Wie kann ich eine Immobilie zu Lebzeiten meiner Ehefrau/Ehemann übertragen? Was muss man bei der Erbschafts- und Schenkungssteuer beachten? Was geschieht zwischen dem Tod und der Teilung mit der Immobilie und wie wird geteilt, wenn kein Testament vorhanden ist?

Ehegattenbegünstigung

Die sogenannte Ehegattenbegünstigung zu Lebzeiten ist eine weit verbreitete Variante, um den anderen Ehegatten im eigenen Todesfall bestmöglich zu schützen. In unserem Beispiel überträgt Vito seiner Frau Maria zu Lebzeiten das gemeinsame Haus, und zwar unentgeltlich zu Eigentum. Nun werden die eherechtlichen, die güter- sowie erbrechtlichen Aspekte beachtet.

Mit der Übertragung sichert Vito seiner Frau bis zum Lebensende ein Dach über dem Kopf zu. So lange das Haus jedoch als Familiensitz gilt, kann aber Maria das Haus nicht ohne Einverständnis von Vito verkaufen. → eherechtlicher Aspekt

Im Todesfall wird vor der Nachlassverteilung die güterrechtliche Auseinandersetzung vorgenommen. Wurde kein Ehevertrag geschlossen, unterstehen Vito und Maria dem Güterstand der Errungenschaftsbeteiligung. Bei diesem Güterstand gibt es vier Gütermassen: je das Eigengut und die Errungenschaft jedes Ehepartners. Das Schweizer Zivilrecht sieht vor, dass Vermögen, welches ein Ehepartner in die Ehe eingebracht, geerbt oder unentgeltlich geschenkt erhalten hat, dem Eigengut zugewiesen wird. Vorliegend gehört das Haus also zum Eigengut von Paula. → güterrechtlicher Aspekt

Diese Schenkung zu Lebzeiten hat einen Einfluss auf die Erbschaft von Simon und Tamara. Das Schweizer Erbrecht regelt nun, ob und wie die erhaltenen Zuwendungen an den Erbteil angerechnet werden müssen. Der Erblasser (Vito) hat die Möglichkeit, Maria von der Ausgleichungspflicht zu dispensieren, sofern dadurch die Pflichtteile der Kinder nicht verletzt werden. Damit Maria keiner Ausgleichungspflicht unterliegt, muss dies von Vito so in einer letztwilligen Verfügung festgehalten werden. Gibt es keine Verfügung von Todes wegen und/oder sind die Pflichtteile verletzt, können Simon und Tamara, die als Kinder beide pflichtteilsgeschützt sind, eine Herabsetzungsklage erheben, um die Pflichtteile wieder herzustellen. → erbrechtlicher Aspekt

Erbschaftssteuern

Die Steuerhoheit liegt in der Schweiz bei den Kantonen. Die Erbschaftssteuer ist eine rein kantonale Steuer und wird in allen Kantonen ausser SZ und OW erhoben. Die Steuer wird am Wohnsitz des Erblassers fällig oder bei Immobilien/Grundstücken, am Ort der gelegenen Sache. Stand Januar 2023 sind in allen Kantonen der Schweiz Ehegatten und eingetragene Partner von der Erbschaftssteuer (Nachlasssteuer) befreit. Zudem sehen die meisten Kantone auch eine Steuerbefreiung für Nachkommen (Kinder, Enkelkinder) vor. Einzelne Kantone (AI, GE, JU, LU, NE, TG, VD) sehen unter gewissen Voraussetzungen eine Steuerpflicht für Nachkommen vor. In wenigen Kantonen sind zwischenzeitlich unter bestimmten Voraussetzungen auch Konkubinatspartner von der Erbschaftssteuer befreit. Der Tarif für die Besteuerung wird bestimmt vom Verwandtschaftsgrad zum Erblasser. Je entfernter der Verwandtschaftsgrad, desto höher der Tarif. Wenn Sie wissen möchten, wie die Situation in Ihrem konkreten Fall aussieht, helfen wir Ihnen gerne weiter.

Bei Schenkungen von Liegenschaften zu Lebzeiten gibt es gewisse Einschränkungen, damit die Grundstückgewinnsteuer aufgeschoben wird. Damit der Übertrag steuerlich als Schenkung gilt, muss die Schenkungskomponente einen bestimmten Anteil am Vermögenswert betragen. In einigen Kantonen ist diese unentgeltliche Komponente mindestens 25% des Vermögenswerts.

Zwischen Tod und Teilung

Zwischen dem Tod des Erblassers und der endgültigen Teilung vergehen meist viele Monate oder in seltenen Fällen sogar Jahre. Hinterlässt der Erblasser mehrere Erben, so bilden diese, bis die Erbschaft geteilt wird, eine Erbengemeinschaft. Die Erben werden zu Gesamteigentümern der Erbschaftsgegenstände. Das heisst, dass sie unter Vorbehalt von vertraglichen oder gesetzlichen Vertretungs- und Verwaltungsbefugnissen gemeinsam über die Rechte der Erbschaft verfügen.

Gehört eine Immobilie (Grundstück, Wohnung, Haus) zum Nachlass, wird die Erbengemeinschaft im Grundbuch als neue Eigentümerin eingetragen. Zu den Rechtsfolgen dieser Eintragung gehört, dass sämtliche Aktionen wie beispielsweise der Verkauf der Immobilie, der Abschluss neuer oder die Kündigung bestehender Verträge die Zustimmung aller Erben benötigen. Dies gilt auch, wenn einer der Erben gleichzeitig Mieter einer der Wohnungen ist.

Auf Begehren eines Erben oder in den vom Gesetz vorgesehen Fällen, kann die zuständige Behörde für die Erbengemeinschaft bis zur Teilung eine Vertretung bestellen beziehungsweise die Erbschaftsverwaltung anordnen. Damit ein Vertreter eingesetzt werden kann, muss Handlungsunfähigkeit der Erbengemeinschaft vorliegen. Von einer solchen spricht man, wenn die Verwaltung erheblich erschwert oder gar unmöglich ist (Abwesenheit von Erben, Unfähigkeit, der Erben, die Erbschaft zu verwalten oder sich zu einigen oder ein schwer gestörtes Vertrauensverhältnis zwischen den Erben). Gewöhnliche Meinungsverschiedenheiten reichen nicht aus. Um Streitigkeiten in der Erbengemeinschaft so weit als möglich zu verhindern, empfehlen wir Ihnen einen oder mehrere Willensvollstrecker einzusetzen. Es ist sinnvoll, bereits zu Lebzeiten mit der von Ihnen angedachten Person darüber zu sprechen.

Gesetzliche Erbfolge bei Immobilien

Immobilien fallen, unabhängig von einem Testament oder Erbvertrag, in die Erbmasse. Mit einer letztwilligen Verfügung von Todes wegen kann jedoch festgehalten werden, wer was erhält.

Hat der Erblasser seinen Willen (bezüglich der Immobilien) weder in einem Testament noch in einem Erbvertrag festgehalten, gelangt die gesetzliche Erbfolge zur Anwendung. Die Erben müssen untereinander vereinbaren, wer die Immobilie übernimmt. Dabei ist zu beachten, dass der Verkehrswert im Zeitpunkt der Teilung massgeblich ist. Die Erben haben alle den gleichen Anspruch auf die Erbsache. Können sich die Erben nicht über die Teilung einigen, ist die Sache zu verkaufen und der Erlös zu teilen. Wie bereits erwähnt, sind die gesetzlichen Erben zudem gegenseitig verpflichtet, alles zur Ausgleichung zu bringen, was ihnen der Erblasser zu Lebzeiten auf Anrechnung an ihren Erbanteil zugewendet hat.

Wie Ihnen ihr Finanzplaner oder Ihre Finanzplanerin helfen kann

Ihr Finanzplaner/in ist in der Lage, Sie im Sinne einer ganzheitlichen Planung, auf verschiedene Aspekte, unter anderem bei Immobilienbesitz, aufmerksam zu machen. Sie zeigen Ihnen aufgrund Ihrer persönlichen Gegebenheiten mögliche Herausforderungen auf und können erste Lösungsansätze unterbreiten. Nichtsdestotrotz ersetzen sie keine Anwälte oder Notare. Gewisse Themen, wie beispielsweise die Ausarbeitung eines Erbvertrags und vertiefte Fragestellungen zur erbrechtlichen Herabsetzung oder der Ausgleichungspflicht können das Aufgabengebiet eines Finanzplaners überschreiten. Wenn im Rahmen der vollumfänglichen Finanzplanung solchen Fragen oder Aufträge aufkommen, wird man Sie zum gegebenen Zeitpunkt für die finalen Schritte einem passenden Anwalt oder Notar übergeben.

Weitere Informationen zu Testament, Ehe- und Erbvertrag oder der gesetzlichen Erbfolge (Parentelsystem) in der Schweiz finden Sie unter der Rubrik Erb- und Nachlassplanung.

FINBERG Kompass

Interessen