Die Eintrittsschwelle und der Koordinationsabzug
In der Schweiz arbeiten viele Menschen Teilzeit. Im Jahr 2022 betrug ihr Anteil mehr als ein Drittel aller erwerbstätigen Personen. Die Beliebtheit von Teilzeitarbeit nimmt kontinuierlich zu, denn zwischen 2012 und 2022 hat sich die Anzahl der Teilzeitbeschäftigten mehr als dreimal so stark erhöht wie die der Vollzeiterwerbstätigen. Das heutige Modell ist aber nach wie vor auf Vollzeitstellen ausgerichtet, wenn man die Eintrittsschwelle und den Koordinationsabzug betrachtet. Nur wer heute mindestens CHF 22’050.- pro Jahr verdient, ist obligatorisch über den Arbeitgeber bei einer Pensionskasse versichert. Dies gilt pro Arbeitsverhältnis. Hat eine Person beispielsweise zwei Jobs mit einem Erwerb von je CHF 1’500.- im Monat, so bleibt diese unter der Eintrittsschwelle, obwohl das Total über der Schwelle liegt.
Ähnlich sieht es auch beim Koordinationsabzug aus. Der Zweck des Koordinationsabzugs besteht darin, sicherzustellen, dass die Pensionskasse nur Beiträge auf Einkommenskomponenten erhebt, die nicht bereits durch die erste Säule der Altersvorsorge abgedeckt sind. Dies gewährleistet, dass Lohnbestandteile nicht zweifach versichert werden. Aktuell beträgt dieser CHF 25’725, 7/8 der maximalen AHV-Altersrente. Das Jahreseinkommen minus Koordinationsabzug ergibt den versicherten Lohn. Dieser bildet die Basis für die Berechnungen der Leistungen und Sparbeiträge in der zweiten Säule. Einige Unternehmen passen den Koordinationsabzug bereits heute an das Pensum an, diese sind jedoch dazu nicht gesetzlich verpflichtet und daher gibt es nach wie vor viele Firmen, die das Pensum nicht berücksichtigen. Verdient jemand beispielsweise heute CHF 35’000.- pro Jahr, ist der versicherte Lohn lediglich CHF 9’275.-. Dies führt zu deutlich tieferen Beiträgen und niedrigeren Rentenleistungen. Dies gilt pro Arbeitsverhältnis, sprich verdient jemand mit zwei Teilzeitjobs jeweils mehr als die Eintrittsschwelle, so wird auch der Koordinationsabzug pro Verhältnis vorgenommen.
Der versicherte BVG-Jahreslohn wird bei 80 Prozent des AHV-Lohnes festgesetzt (bis zu einer Höhe von CHF 88’200.-). Bundesamt für Sozialversicherungen: BVG Reform
Die Altersgutschriften sollen angepasst werden
Die Übergangsgenerationen erstrecken sich auf die ersten 15 Jahrgänge nach Inkrafttreten der Reform. Die Höhe des Rentenzuschlags hängt vom Geburtsjahr und vom Vorsorgeguthaben ab. Details zu den Übergangsgenerationen oder unter BBI 2a. Art 47b bis 47f.
Mit der flacheren Staffelung der Altersgutschriften hätten ältere Arbeitskräfte für den Arbeitgeber niedrigere Lohnnebenkosten zur Folge und wären so kostentechnisch gleichauf mit jenen ab 45 Jahren.
Da die Spargutschrift in Prozenten nach der Reform tiefer wäre, kann je nach Einkommen eine negative Differenz resultieren. Dies muss individuell geprüft werden, da sich zu den Altersgutschriften auch der versicherte Lohn verändert. Bei einem tieferen AHV-Lohn wird man nach der Reform tendenziell höhere Spargutschriften erhalten. Bei einem höheren Lohn würde man durch die künftigen Spargutschriften von 14 % eher weniger sparen.
Reduktion des Umwandlungssatzes
Ein wichtiger Faktor bei der Berechnung der Altersrente ist die Höhe des Umwandlungssatzes. Doch was ist der Umwandlungssatz eigentlich? Mit dem Umwandlungssatz wandelt die Pensionskasse das Altersguthaben in eine dauerhafte Altersrente um. Mit dem heutigen gesetzlichen Mindest-umwandlungssatz von 6.8 % wäre dies eine Rente von CHF 6’800.- pro Jahr, bei einem Alterskapital von CHF 100’000.-. Mit der Reform wird man diesen Satz auf 6 % senken und würde somit eine jährliche Rente von neu CHF 6’000.- erhalten. Mit diesem Mittel möchte man der steigenden Lebenserwartung Rechnung tragen. Früher musste die Altersrente nach Pensionierung noch durchschnittlich 14 Jahre reichen, heute sind es über 20 Jahre. Aktuelle Rentenbezüger wären von dieser Reduktion nicht betroffen, diese Renten bleiben gleich.
Wichtig zu wissen, der gesetzliche Mindestumwandlungssatz gilt nur für den obligatorischen Teil des Altersguthaben und die Löhne bis CHF 88’200.-. Viele Versicherte haben aber auch einen sogenannten überobligatorischen Teil in der Pensionskasse. In diesem Teil dürfen die Pensionskassen den Umwandlungssatz selbst festlegen. Deshalb ist bei einem freiwilligen Einkauf in die Pensionskasse auch zu prüfen, welchem Topf der Einkauf gutgeschrieben und wie er verzinst wird. Andere Anlagemöglichkeiten können je nach Modell eine höhere Rendite abwerfen. Zudem ist bei einem Einkauf immer auch der Zustand der Pensionskasse zu prüfen.
Zuschlag für die Übergangsgenerationen
*betrifft ca. 25% der Versicherten in der Übergangsgeneration
** betrifft ca. 50% der Versicherten in der Übergangsgeneration
Quelle: BSV, Reform der beruflichen Vorsorge
Je höher das in der Pensionskasse angesparte Alterskapital ist, desto kleiner ist der Zuschlag. Wer ein Vorsorgeguthaben über CHF 441’000.- besitzt, wird keinen Zuschlag mehr erhalten.
Allein diese Zuschläge kosten jährlich CHF 0.8 Milliarden und betragen nach den 15 Jahren der Übergangsgenerationen somit rund CHF 12 Milliarden. Die Gesamtkosten werden gemäss Referendumsvorlage auf jährlich CHF 2.1 Milliarden berechnet. Finanziert werden die Kosten unter anderem aus Zuschüssen des nationalen Sicherheitsfonds. Dies wiederum führt dazu, dass die Pensionskassen die Lohnbeiträge um 0.24% erhöhen. Paritätisch (50% AN und 50% AG) durch die aktiv Versicherten.
Wem hilft die Reform und können die Herausforderungen in der beruflichen Vorsorge bewältigt werden?
Die Herausforderungen sind einerseits die deutlich längere Lebenserwartung, welche bereits im letzten Artikel thematisiert wurde, sowie die schwächeren Kapitalmärkte. Mit der Reduktion des Umwandlungssatzes von 6.8 % auf 6.0 % wirkt man zumindest diesen beiden Punkten etwas entgegen. Betroffen sind aber lediglich 12 bis 16 % der Vorsorgeeinrichtungen: die BVG-nahen Einrichtungen und jene mit der obligatorischen Lösung. Das aktuelle Modell entspricht nicht der heutigen gesellschaftlichen Wirklichkeit. Durch eine erste Reform werden zumindest Personen mit tiefem Einkommen, Teilzeitpensen sowie jene mit mehreren Arbeitsverhältnissen unterstützt. Für alle jene, die bereits heute einer überdurchschnittlich guten Pensionskasse angeschlossen sind, werden die Änderungen kaum spürbar sein.
Ob diese Reform ausreichen wird? Wohl eher nicht. Sicherlich muss man dies künftig von Zeit zu Zeit neu beurteilen. Es ist aber ein erstes Zeichen, dass man die Kritikpunkte aus der AHV-Reform angehen will und auf Worte auch Taten folgen. Vorerst wird aber im 2024 das Stimmvolk über die Reform entscheiden.
Einmal mehr zeigt sich, dass die persönliche Altersvorsorge nicht auf die lange Bank geschoben werden sollte und das Thema aus eigener Initiative angegangen werden muss, um im Alter den gewünschten Lebens-standard weiterführen zu können oder um sich die lang ersehnten Träume zu erfüllen.
Wie Ihnen Ihr Finanzplaner oder Ihre Finanzplanerin helfen kann
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